Warum uns Pasta im Recruiting helfen kann

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Employer Branding
 

Wer erinnert sich noch an den Barilla Shitstorm? Fast 2 Jahre ist es her und wenn man heute nach „Barilla“ googelt findet man gleich auf Seite 1 noch Links zur damaligen Aussage des Firmenchefs betreffend Homosexualität. Warum das fürs Recruiting wichtig ist?

Weil sich die Meldung damals blitzschnell verbreitet hat, ein Aufruf zum Boykott und ein gewaltiger Shitstorm waren die Folgen. Aus meiner Sicht auch ein klares Signal für das Image als Arbeitgeberin.

Und auch wenn ich davon überzeugt bin, dass die Unternehmensleitung und Führungskräfte maßgeblich die Employer Brand beeinflussen, Recruitingverantwortliche sind meist die erste Anlaufstelle und der erste Kontaktpunkt für Jobsuchende. Als Reaktion auf meinen letzten Blogbeitrag habe ich viele Hinweise auf Erfahrungen, die Bewerberinnen mit Unternehmen gemacht haben, erhalten. Leider scheint vielen Recruitingverantwortlichen noch nicht bewusst zu sein, wie schnell sich eine negative Candidate Experience (wie es gerade so schön heißt 😉 auch im Netz verbreitet. Verärgerte Kandidatinnen machen sich nicht nur auf Portalen wie kununu Luft, es gibt Blogs wo Unternehmen und Recruiterinnen namentlich genannt werden, sogar E-Mail Verkehr wird abgebildet.

Einige Beispiele haben aufgezeigt, dass die Denkweise „die will ja was von uns, hat sich also nach uns zu richten“ durchaus noch sehr beliebt unter den Recruiterinnen ist. Ich habe drei Beispiel ausgesucht, die – so hoffe ich wirklich – nicht repräsentativ sind, nur aufzeigen sollen, wie schnell man einem Shitstorm oder zumindest einem Beitrag zu einem negativen Arbeitgeberinnenimage ausgesetzt sein kann.

Beispiel 1
Kandidatin schickt ihre Bewerbung ab und wird eingeladen. Terminbestätigung folgt, die Freude ist groß. Zwei Tage vor dem Gespräch erhält sie ein E-Mail mit dem Inhalt „Danke nochmals für Ihre Bewerbung. Wir haben uns jedoch schon für jemand anderen entschieden, weshalb wir unser geplantes Gespräch absagen müssen.“ Ich weiß, wie wenig Zeit oft zur Verfügung steht und dass man oft froh ist, über jeden Termin, der nicht wahrgenommen werden muss. Aber einen schon vereinbarten Gesprächstermin einfach abzusagen ist nicht in Ordnung. Punkt. Da kann ich leider keine Ausrede gelten lassen. Ich mache mir ja auch keinen Termin beim Friseur aus und der sagt mir dann zwei Tage vorher ab, mit der Begründung, er hat diese Woche eh schon genug Kunden. Na gut, vielleicht kein perfektes Beispiel aber es ist klar worum es geht oder?

Beispiel 2 – es gibt noch eine Steigerung
Kandidatin schickt ihre Bewerbung ab und wird auch eingeladen. Terminbestätigung folgt, die Freude ist ebenfalls groß. Kandidatin wohnt in Deutschland, Unternehmen ist in Österreich. Die Anfrage, ob Reisekosten übernommen werden, wird freundlich aber doch abgelehnt. Da das Interesse für die Position sehr hoch ist, wird also auf eigene Kosten ein Flug gebucht. Wenige Tage vor dem Gespräch erhält auch sie ein E-Mail mit dem Inhalt „Danke nochmals für Ihre Bewerbung. Wir haben uns jedoch schon für jemand anderen entschieden, weshalb wir unser geplantes Gespräch absagen müssen.“ Es handelt sich hier übrigens nicht um dasselbe Unternehmen (in der Zeitung würde jetzt stehen: Name der Redaktion bekannt). Auf Nachfrage, ob denn die Stornokosten für den Flug übernommen werden kommt retour: „Nein leider, wir haben doch bereits mitgeteilt, dass wir keine Reisekosten für Bewerbungsgespräche übernehmen. Damit Sie den Flug nicht stornieren müssen, können Sie aber gerne trotzdem auf einen Kaffee vorbei kommen, vielleicht überlegt es sich der andere Kandidat ja noch.“

Klassischer Fall von „gut gemeint“ oder? So, wo sind jetzt die HR Controlling Expertinnen, die mal kurz überschlagen, was dem Unternehmen mehr kostet: 230,– EUR für das Flugticket oder die jetzt aufgewendeten – ich möchte fast sagen „unnötigen“ – Personalkosten? Wie viele Mitarbeiterinnen jetzt wie viele Stunden damit beschäftigt sind, hier Schadensbegrenzung zu betreiben, mag ich mir gar nicht vorstellen. Und denken wir mal weiter: wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass genau der eine Kandidat, der bereits eine Zusage erhalten hat, das auch liest? Da das Unternehmen namentlich genannt wurde gar nicht mal so gering. Ob er voll Freude am ersten Arbeitstag gestartet hat? Oder sich vielleicht doch noch nach anderen Optionen umgeschaut hat? Was der Kandidatin im genannten Beispiel vielleicht wieder zugute kommen würde … lassen wir das. Und was denken sich die aktuellen Mitarbeiterinnen über das eigene Unternehmen?

Beispiel 3 – das Absageschreiben
Bewerbung auf die Ausschreibung für eine HR Spezialistin einer Versicherung. Im Gegensatz zu vielen Bewerberinnen, das wird mir seit Tagen wieder eindrucksvoll berichtet, hat die Kandidatin sogar eine Rückmeldung bekommen. Kurz gesagt „nein danke, kein Interesse“ jedoch sehr rüde und vielleicht auch ein bissl ungeschickt formuliert. Die Reaktion der Kandidatin (die das natürlich weitererzählt, unter anderem mir): „Danke, wenn das dort der Umgangston ist, möchte ich dort nicht arbeiten“!Vielleicht ist das dort gar nicht der Umgangston, vielleicht ist das Unternehmen eigentlich top und vielleicht hat die Absage eine Praktikantin geschrieben, der keine bessere Vorlage zur Verfügung gestellt wurde … Mir fallen viele Gründe ein, weshalb das passiert sein könnte, bis hin zu: weil es den Verantwortlichen schlicht und einfach wirklich egal ist und man immer noch der Meinung ist, das die Unternehmen am längeren Ast sitzen und sich Jobsuchende eben alles gefallen lassen müssen.Würde mich interessieren, ob sich die eine oder andere HR Leiterin in der letzten Zeit mal im eigenen Unternehmen beworben hat. Das gibt sicher neue Erkenntnisse. Und übernehme ich auch gerne, wenn Sie das nicht selber testen mögen. Mystery Recruiting also 😉 Warum „Mystery Shopping“ nicht schon längst im Recruiting eingesetzt wird, kann ich eigentlich nicht nachvollziehen. So wie die Automobilbranche und viele andere auch regelmäßig potentielle Kundinnen, also Testkäuferinnen, einsetzen, könnte man doch auch den Recruitingprozess mal testen oder? Und ich meine damit nicht die Initiativen wie best recruiters oder ähnliches. Selber testen macht schlau!

Und zum Abschluss noch etwas versöhnliches: wo Menschen arbeiten, passieren auch mal Fehler (vielleicht ist das mit ein Grund warum die Tendenz in Richtung „Robot-Recruiting“ geht? Schauen wir uns auch noch an, versprochen!). Viele Unternehmen und viele Recruiterinnen beweisen aber jeden Tag, dass es auch anders geht. Und sich vielleicht ab und zu mal dran erinnern, wie es war, selbst auf Jobsuche zu sein. Oder an die Pasta 😉


Herzliche Grüße

Claudia